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Baltikum

Manchmal kommt es ganz anders. So auch im Frühjahr 1993.

Ich hatte gerade mein Studium beendet. Am Stuttgarter Max-Planck-Institut für Metallforschung, an dem ich meine Diplomarbeit gemacht hatte, wollte ich nicht bleiben. Der Arbeitsmarkt – noch dazu für einen berufseinsteigenden Physiker wie mich – war aber auch ziemlich dürftig (um es mal sehr zurückhaltend auszudrücken).

Da hörte sich der Tipp, den ich damals bekam, nicht schlecht an. Ich sollte mal nachfragen, ob ich ein Auslandspraktikum bekommen könnte. Normalerweise ist die Bewerbung und Zuteilung eines Auslandspraktikums ein längliches Verfahren. Manchmal gäbe es aber auch Stellen, die kurzfristig besetzt werden könnten. Ich ging zur Vermittlungsstelle für Auslandspraktika.

Angeboten bekam ich einen Job an der Helsinki University of Technology. Zwei Monate. April und Mai. Skandinavien kannte ich nur von meiner zweiten Interrailreise. Und die war auch schon sieben Jahre her.

Lange überlegt hatte ich nicht. Ich nahm das Angebot an. Das nötige Arbeitsvisum gab es beim Konsulat, das Flugticket im Reisebüro.

Schon bald ging es los. Der günstigste Flug ging von Frankfurt über Kopenhagen nach Helsinki. Dumm war nur, dass die Gepäckarbeiter in Kopenhagen streikten. Ohne Gepäck und mit reichlich Verspätung kam ich bei strömendem Regen in Helsinki an.

Helsinki (Lauttasaari), Ostsee

Helsinki (Lauttasaari), Ostsee

Das Wetter änderte sich bald. Es sollte ein wunderschöner, sonniger Frühling werden. Ich wohnte als Untermieter in einem Zimmer in Lauttasaari, einer Insel im Südwesten Helsinkis. Die Helsinki University of Technology im Vorort Espoo (Otaniemi) war von dort aus gut zu erreichen, entweder per Fahrrad oder mit dem Bus.

Helsinki: Zwischen Otaniemi und Lauttasaari

Helsinki: Zwischen Otaniemi und Lauttasaari

Die (teilweise verlängerten) Wochenenden nutzte ich zum Erkunden der Gegend. Wobei ich „Gegend“ großzügig auslegte. So ging es nicht nur durch den Süden Finnlands, sondern auch nach Stockholm, auf die Åland-Inseln und ins russische Sankt Petersburg.

Und nach Tallinn, der Hauptstadt Estlands. Mein erster Besuch im Baltikum. Im Gegensatz zu den zuvor genannten Zielen konnte man Tallinn von Helsinki aus an einem Tag besuchen. Morgens mit der Fähre hin, abends zurück.

Rathaus Tallinn (1993)

Rathaus Tallinn (1993)

Estland war zu diesem Zeitpunkt noch nicht einmal zwei Jahre unabhängig von der Sowjetunion. Der Aufbruch in die neue Zeit war aber schon überall spürbar. Die Restaurierungs- und Renovierungsarbeiten teilweise im Gange. Die Schönheit des Stadtzentrums schon erahnenswert.

Wie schön Tallinn wirklich werden würde, habe ich erst 18 Jahre später gesehen. Im Sommer 2011.

Tallinn

Nicht mehr mit der Fähre aus Helsinki sondern mit dem Flugzeug aus München komme ich nach Tallinn. Geldumtausch ist nicht notwendig, Estland hat seit Beginn des Jahres den Euro. Man hört, Estland sei dadurch teurer geworden. Für deutsche Verhältnisse ist es aber immer noch recht günstig. Allerdings nicht so günstig wie Lettland und Litauen, wohin ich später noch auf dieser Reise kommen sollte.

Rathaus Tallinn (2011)

Rathaus Tallinn (2011)

Die Altstadt ist zwischenzeitlich nahezu komplett wiederaufgebaut und strahlt in neuem (oder alten?) Glanz. Das wissen wohl auch die Veranstalter von Kreuzfahrten. In Massen strömen die Touristen durch die enge Altstadt, meist in Gruppen von vielleicht 30 Leuten, immer einem kleinen Fähnchen folgend.

 

Abends – wenn die Kreuzfahrtouristen wieder auf ihren Schiffen sind – wird es angenehm ruhig. Die verbliebenen Touristen teilen sich mit den Einheimischen die Kneipen und Straßencafes der Altstadt.

Tallinn

Tallinn

Mit Helsinki mache ich es wie 18 Jahre früher mit Tallinn. Einen Tagesausflug mit der Fähre. Morgens hin, abends zurück. Nur – in Helsinki schüttet es, fast während der ganzen Zeit meines Aufenthaltes.

Riga

Auf dieser Reise wollte ich alle drei baltischen Staaten kennenlernen. In der guten Woche, die ich dafür Zeit habe, geht das – das ist selbst mir klar… – nicht. Und was heißt schon baltische Staaten? Die drei Länder haben viel weniger gemeinsam als gedacht. Das fängt schon bei der Sprache an. Zwei Zitate aus der deutschen Wikipedia sollen dazu genügen:

Estnisch ist eine flektierend-agglutinierende Sprache und gehört zum ostseefinnischen Zweig der Gruppe der finno-ugrischen Sprachen.

Lettisch gehört zur östlichen Gruppe der baltischen Sprachen innerhalb der indogermanischen Sprachfamilie. In seiner heutigen Struktur ist das Lettische jünger als das verwandte und benachbarte Litauische.

Was da jetzt genau steht, weiß ich – ganz ehrlich gesagt – auch nicht („flektierend-agglutinierend“!), aber man sieht, es ist nicht gerade dasselbe.

Die Unterschiede sind aber nicht nur sprachlicher Natur, auch die Menschen verändern sich im Laufe der Reise vom im Norden gelegenen Estland ins weiter südlich gelegene Litauen. Während die Menschen in Tallinn für mich einen sehr skandinavischen Eindruck machten, werden sie in Richtung Süden osteuropäisch geprägter.

Bahnhof Riga

Bahnhof Riga

Wenn schon nicht die ganzen Länder, so kann ich auf dieser Reise aber zumindest die drei Hauptstädte besuchen. Und zwischendurch etwas vom Land sehen. Mit dem Bus geht die Reise von Tallinn nach Riga, der Hauptstadt Lettlands.

Während die Altstadt Tallinns ein verhältnismäßig kleines Gebiet umfasst, sind die Wege in Riga etwas weiter. Das, was man sieht, ist abwechslungsreicher, insbesondere die zahlreichen Jugenstilbauten bieten eine willkommene Abwechslung im Stadtbild.

 

Neben Riga steht ein Ausflug nach Jūrmala an der lettischen Ostsee auf dem Programm. Jūrmala heißt im Deutschen Rigastrand und beschreibt seine Rolle damit ganz gut.

Riga

Riga

Vilnius

Abermals mit dem Bus geht es weiter – von Riga ins litauische Vilnius. Auch auf dieser Busfahrt wird schnell klar, dass, wenn man das Gebiet der Hauptstadt verlässt, oft nur viel Landschaft bleibt, sehr viel Landschaft.

Kathedrale Vilnius

Kathedrale Vilnius

Schöne Aussichten auf Vilnius – aufgrund seiner über 50 Kirchen auch Rom des Ostens genannt – hat man vom Berg der drei Kreuze und von der Oberen Burg.

 


Das rund 30 Kilometer westlich von Vilnius gelegene Trakai liegt zwischen 200 Seen. Mit dem Bus geht es zur dortigen spätmittelalterlichen Wasserburg. Und nachmittags zurück nach Vilnius. Ein Besuch des Stadtfestes „Hauptstadttage 2011“ bildet den Abschluss des vorletzten Tages.

Vilnius

Vilnius

Vilnius ist das Ende der – wenn auch (zu) kurzen – Reise durchs Baltikum. Mit einem Zwischenstopp in Frankfurt geht es mit dem Flugzeug zurück nach München.

Ein Vergleich der drei Hauptstädte gestaltet sich schwierig. Neben manchen Gemeinsamkeiten setzt auch jede eigene Schwerpunkte. Beispielsweise in der Architektur – mittelalterliche Gebäude in Tallinn, Jugendstil in Riga, Barock in Vilnius. Aber das wichtigste: Alle drei sind sehr sehenswert! Von „Ostblock“ ist, zumindest in den Hauptstädten, im Baltikum nicht mehr viel zu spüren.

Zurück zum Anfang. Zum Jahr 1993.

Der deutsche Arbeitsmarkt hatte sich – wie nicht anders erwartet – in den zwei Monaten meiner Abwesenheit nicht wesentlich verändert. Wieder kam der Zufall zu Hilfe. Weil sich ein Techniker von meinem Max-Planck-Institut gerade von seiner Lebensgefährtin getrennt hatte, zog er in eine Wohngemeinschaft. Dort wohnte auch ein Doktorand, der nebenbei bei einem Hersteller für Windkraftanlagen arbeitete. Über diese Ecken bekam ich die Telefonnummer des Geschäftsführers dieses Windkraftanlagenherstellers…

Manchmal kommt es eben ganz anders.

Leo 2

7. Oktober 2006. Tierheim München.

Mit diesen Worten fing der Artikel Leo vor genau einem Jahr an.

Der durchschlagende Erfolg von Leo hat mich – in guter Hollywood-Tradition – dazu bewegt, einen Nachfolgeartikel zu schreiben: Leo 2.

Gleicher Hauptdarsteller, ähnlicher Handlungsstrang. Die Locations sind aber neu.

Leo

Leo

Leo

Alles Gute zum Geburtstag, Leo!

Die Deutsche Bahn und ihre Preise

Auf die Deutsche Bahn zu schimpfen ist einfach. Verspätungen, Zugausfälle, ausgefallene Klimaanlagen im Sommer, kaputte Heizungen im Winter, usw. bieten dafür viel und reichlich Gelegenheit. Ich denke aber, dass die Bahn für solche Dinge oft – oder zumindest öfters als man denkt – nichts kann.

Ein – für mich – interessanteres Thema zum Schimpfen sind die Preise. Denn die stammen ganz sicher von der Bahn. Und dabei geht es mir hier noch nicht einmal um die absolute Höhe (sonst müßte ich hier wohl Fragen stellen, wie die 270 Euro, die die Strecke München – Berlin und zurück im ICE mit den Angeboten von Lufthansa und Air Berlin konkurrieren will…) Vielmehr um das Preissystem an sich.

Denn, wie die Deutsche Bahn ihre Preise kalkuliert, das ist nicht durchschaubar. Ich habe es trotzdem versucht. Auf Basis der von bahn.de angebotenen „Normalpreise“.

Beginnen wir mit einem Beispiel: Die Strecke wird von München nach Stuttgart wird von unterschiedlichen Zugtypen befahren, innerhalb einer knappen halben Stunde startet in München um 18:28 Uhr ein ICE, um 18:45 ein IC (InterCity). Obwohl das E in ICE eine schnellere Verbindung suggeriert – schließlich steht es für Express – braucht der ICE für die Strecke nach S mit 2:19 Stunden gemäß Fahrplan 2 Minuten länger. Ok, was sind 2 Minuten? Aber, dafür kostet die Fahrt mit dem ICE ganze 5 Euro mehr. Viel Geld für das E.

Auf den ersten Blick wirkt die Stecke München – Stuttgart dabei noch günstig. Zumindest wenn man sie mit der Verbindung von Würzburg nach Kassel vergleicht. Während für die 219 Kilometer Fahrstrecke München – Stuttgart im ICE 54 Euro zu bezahlen sind, kostet die Fahrt Würzburg – Kassel mit dem ICE 1 Euro mehr, obwohl sie mit 211 Kilometern Fahrstrecke sogar noch kürzer ist.

Aber… Die Fahrt München – Stuttgart (2:19 Stunden) dauert mehr als doppelt so lang im Vergleich zur Fahrt Würzburg – Kassel (0:59 Stunden). Für die gebotene Leistung ist damit die Fahrt München – Stuttgart ein richtig teures Pflaster.

Noch ein Beispiel: Auch die Fahrt von Ulm nach Donaueschingen hat eine vergleichbare Streckenlänge, sie beträgt 205 Kilometer. Angeboten wird sie von der Bahn für 29,30 Euro im IRE (InterRegioExpress). Auf den ersten Blick ein faires Angebot, schließlich kostet der gefahrene Bahnkilometer zwischen Ulm und Donaueschingen nur 14 ct, der von München nach Stuttgart aber 25 ct im ICE bzw. 22 ct im IC.

Fairer wäre ein Preisvergleich auf Basis der Luftlinie, Ulm und Donaueschingen liegen zwar – wie geschrieben – 205 Bahnkilometer auseinander, die Luftlinie zwischen den beiden Städten beträgt aber nur 122 Kilometer. Die Bahnstrecke von München nach Stuttgart ist da viel direkter, hier werden die 191 Kilometer Luftlinie auf 219 Bahnkilometer überwunden. Dann sind die Kilometerpreise plötzlich für beide Strecken fast gleich, 24 ct/km für Ulm – Donaueschingen und 28 ct/km für München – Stuttgart im ICE bzw. 26 ct/km im IC. Und das bei erheblich schlechterem Komfortangebot im IRE.

Auf ein Betrachten des fast grenzenlosen Preischaoses, wenn man auch noch BahnCards, Sonderangebote, Frühbucherermäßigungen, Sonderangebote, die mit BahnCards buchbar sind (oder auch nicht) und Pauschalangebote berücksichtigt, möchte ich hier auch nur beispielhaft eingehen.

Die Fahrt von München nach Donaueschingen – mit Umsteigen in Ulm – kostet 60 Euro (Normalpreis, bei Verwendung eines ICs auf der Strecke München – Ulm). Die Teilstrecke München – Ulm in besagtem IC würde 30 Euro kosten, d.h. bucht man die Teilstrecken München – Ulm und Ulm – Donaueschingen einzeln, so bezahlt man nur 59,30 Euro. Die erste Frage lautet: Wohin verschwinden die 70 ct? Die zweite: Betreibt man das System der Teilstreckenbuchung weiter, wird es dann immer billiger? Und die dritte: Warum bietet das System für die Teilstrecke Ulm – Donaueschingen nicht das Baden-Württemberg-Ticket an. Dieses kostet für eine Person 21 Euro, d.h. man würde die Strecke München – Donaueschingen statt 60 Euro „nur“ noch 51 Euro bezahlen. Und das ohne BahnCard oder Frühbucherermäßigungen.

Ist das Preischaos Absicht? Dann könnte man der Bahn ja immerhin eine Strategie zugutehalten… Ich befürchte allerdings vielmehr, die Bahn versteht ihr Preissystem selbst nich t.

P.S.: Trotz der – meiner Meinung nach – zu hohen Preise und des nicht zu durchschauenden Preissystems fahre ich gerne mit der Bahn. Meistens zumindest. Es bleiben ja auch noch die anderen Ärgernisse – Verspätungen, Zugausfälle, ausgefallene Klimaanlagen im Sommer, kaputte Heizungen im Winter, usw.

Ohne (viel) Worte (3)

So schön ist Europa

So schön ist Europa

Quelle: „LQ – Das 50plus-Magazin“

Ich bin ja noch weit von der Zielgruppe der Zeitschrift LQ entfernt… Habe aber den Fehler (was heißt schon den Fehler?) im Bild sofort gefunden!