Das Reiseblog-Update zu Interrails 50. Geburtstag 2022.
Ursprünglich habe ich die Interrail-Artikelserie Interrail – Die Erste, Interrail – Die Zweite und Interrail – Die Dritte im Jahr 2010 zum 25. Jahrestag meiner ersten Interrailreise 1985 veröffentlicht.
Interrail 1986
Donaueschingen – Straßburg – Paris – Lüttich – Maastricht – Utrecht – Amersfoort – Groningen – Neuschanz – Leer – Hamburg –
Kopenhagen –
Oslo –
Bergen – Myrdal –
Flam – Myrdal – Oslo – Trondheim – Bodo –
Trondheim – Oslo – Stockholm –
Turku – Joensuu –
Helsinki – Kemi – Tornio – Harapanda – Boden –
Narvik – Kiruna –
Stockholm – Malmö –
Göteborg – Kopenhagen – Lübeck –
Hamburg – Aachen – Brügge –
Brüssel – Maastricht – Lüttich – Charleroi –
Paris – Basel – Zürich – Schaffhausen – Singen – Donaueschingen
Donaueschingen – Singen – Schaffhausen – Zürich – Bern – Interlaken – Lauterbrunnen – Kleine Scheidegg – Jungfraujoch – Kleine Scheidegg – Lauterbrunnen – Interlaken – Luzern – Zürich – Schaffhausen – Donaueschingen
Donaueschingen – Singen – Schaffhausen – Zürich – Wien – Zürich – Schaffhausen – Donaueschingen
16547 Kilometer
Die Sommerferien 1985 bestanden aus zwei Teilen, meiner ersten Interrail-Reise und einem Ferienjob. Vom im Ferienjob verdienten Geld hatte ich mir meinen ersten eigenen Computer gekauft, einen Commodore 64, gebraucht für 400 D-Mark. Schon ein paar Monate später erwies sich dies als glückliche Entscheidung. Von einem Schulfreund bekam ich eine Kleinanzeige, in der ein Nebenjob als Programmierer für den C 64 gesucht wurde. Ich bekam nicht nur diesen Nebenjob (und mit ihm zum ersten Mal Geld für selbst geschriebene Software!), sondern darüber hinaus auch einen Ferienjob im Sommer 1986.
1986, die Schulzeit war zu Ende, das Studium scheinbar noch weit weg, und ich hatte meinen ersten richtigen Job als Software-Programmierer. Und richtig hieß in diesem Fall, dass ich sogar Urlaubsgeld bekam! Zwei der drei Wochen der bevorstehenden zweiten Interrail-Reise waren bezahlter Urlaub! Das klingt jetzt vielleicht wenig aufregend, für mich war es aber einfach unglaublich.
Und das Ticket selbst bekam ich von meinen Eltern als Geschenk zum Abitur bezahlt.
Interrail Ticket 1986
Das wichtigste Gepäckstück ist neben dem Fotoapparat der wirklich geniale Europafahrplan der Bundesbahn mit allen wichtigen europäischen Zugverbindungen außerhalb Deutschlands.
DB Auslandskursbuch 1986 Sommer
Während die erste Interrail-Reise in den Westen und Süden Europas ging, sollte es dieses Mal in den Norden gehen. Dies hatte allerdings auch einen Nachteil: Das Interrail-Ticket ist nur für Länder außerhalb Deutschlands gültig, will man Züge in Deutschland nutzen, muss man den halben Fahrpreis bezahlen. Donaueschingen liegt nun aber ganz im Süden Deutschlands, es ist das kleine rote DS auf der Karte. Um kostengünstig nach Skandinavien zu kommen, braucht man deshalb viel Zeit.
Von Straßburg (dorthin fuhren uns – neben mit war noch ein Freund dabei – meine Eltern mit dem Auto) nach Paris-Ost, Wechsel zu Fuß nach Paris-Nord, weiter ins belgische Lüttich, dort die Nacht auf dem Bahnhof.
Bahnhof Lüttich
Am nächsten Morgen von Lüttich über Maastricht, Utrecht, Amersfoort und Groningen zum kleinen niederländischen Grenzort Neuschanz. Mit einem Bus auf die deutsche Seite der Ems nach Leer, nicht damit rechnend deutsches Kleingeld dafür zu brauchen. Da der Busfahrer meinen 50 D-Mark-Schein nicht wechseln konnte (oder wollte), musste ich mir Geld von Mitreisenden borgen.
Im Bus vom niederländischen Neuschanz ins deutsche Leer: Hochseeschiff auf der Ems
Weiter mit dem Daumen nach oben (ist schon mal aufgefallen, dass man heute kaum noch Tramper an Deutschlands Straßen sieht?). Von Leer mit dem Auto über Bremen nach Hamburg (letztere Strecke in irgendeinem Sportwagen mit Vollgas durchgehend auf der linken Spur).
Kreuzung Bundesstraßen bei Delmenhorst 75/322: Jürgen im T-Shirt mit dem Fürstenberg Holz Logo
Köhlbrandbrücke Hamburg
Neuer Elbtunnel Hamburg
Der Nachtzug Hamburg-Kopenhagen ging erst sehr spät am Abend, so dass noch Zeit zum Stadtbummel in
Hamburg war. Und hier kommt auch mein Ferienjob wieder ins Spiel. Diesen hatte ich nämlich bei „Fürstenberg Holz“, dem unbekannten Bruder der „Fürstenberg Brauerei“. Beide nutzen aber das gleiche fürstliche Logo. Und ein T-Shirt mit diesem Logo trug ich an jenem Tag.
Wegen des T-Shirts mit dem Fürstenberg-Logo wurde ich angesprochen. Von einem in St. Pauli tätigen Sozialarbeiter, der früher einmal in Donaueschingen gelebt oder gearbeitet hatte (oder beides, genau weiß ich das nicht mehr). Was folgte, war eine Hinter-den-Kulissen-durch-St.-Pauli-über-die-Reeperbahn-Tour. Er kannte jeden, jeder kannte ihn. Ganz schön interessant und aufregend für jemanden vom Land…
DB Auslandskursbuch 1986 Sommer: Übersicht Dänemark
Mit Zug und Fähre ging es in der Nacht nach Kopenhagen.
Nyhavn Kopenhagen
Kleine Meerjungfrau Kopenhagen
Von Kopenhagen aus geht es in der folgenden Nacht weiter mit Zug und Fähre nach Oslo.
Hafen und Rathaus von Oslo
Karl Johans gate Oslo
Die Tage in Norwegen verbringen wir zum Großteil im Zug, nicht nur nachts als Übernachtungsstätte, sondern auch tagsüber.
DB Auslandskursbuch 1986 Sommer: Übersicht Norwegen / Schweden (Norden)
DB Auslandskursbuch 1986 Sommer: Übersicht Norwegen / Schweden (Süden)
In den Zügen der Bergen-, Flåm- und Nordland-Bahn bekommt man viel vom Land der Fjorde zu sehen.
Bergensbanen (Bergen-Bahn): Veafjord
Flåmsbana Myrdal – Flåm: Kjosfossen
Endbahnhof der Flåmsbana Myrdal – Flåm
Flåm, Aurlandsfjord
Bergensbanen (Bergen-Bahn): Hardangervidda
Bergensbanen (Bergen-Bahn): Hardangervidda
Nordlandsbanen (Nordland-Bahn)
Nordlandsbanen (Nordland-Bahn)
Nordlandsbanen (Nordland-Bahn): Ranfjord
Auf dem Weg von Trondheim nach Bodø überqueren zum ersten Mal den
Polarkreis.
Nordlandsbanen (Nordland-Bahn): Polarkreis
Bahnhof Bodø: Endstation der Nordlandsbanen (Nordland-Bahn)
Für die Städte Bergen und Trondheim blieb nur verhältnismäßig wenig Zeit.
Byfjord und Bryggen Bergen
Nidarosdom Trondheim
Blick vom Nidarosdom Trondheim: Marktplatz mit der Statue des Stadtgründers und Wikingerkönigs Olav I Trygvason, Trondheimfjord mit Munkholmen
Nidelva Trondheim
Nach Norwegen ist Finnland das nächste Ziel: Dafür geht es mit dem Zug durch das südliche Schweden nach Stockholm, von dort mit der Fähre „Wellamo“ nachts nach Turku. Die Fähre bot einen ungewohnten Luxus: Eine gepolsterte Liege! Eine willkommene Abwechslung zu den Zugübernachtungen der Tage zuvor. Die skandinavischen Züge haben oft nur Großraumwägen, und in denen schläft es sich deutlich schlechter als in einem Abteil, zumindest dann, wenn man sich das Abteil nur zu zweit oder dritt teilen muss.
Fähre „Wellamo“ der Silja Line
Am frühen Morgen führt der Weg der Fähre durch das vor dem finnischen Festland liegende
Schärenmeer.
Fähre „Wellamo“ Stockholm – Turku
Blick von der Fähre „Wellamo“ Stockholm – Turku
Hafen von Turku: Fähre „Wellamo“
Die Besichtigung von
Turku besteht in einem Spaziergang vom Hafen zum Hauptbahnhof.
Burg zu Turku
Dom von Turku
Von Turku ging es im Nachtzug zuerst in den finnischen Osten.
DB Auslandskursbuch 1986 Sommer: Übersicht Finnland
Morgens dann weiter entlang der sowjetischen Grenze in die finnische Hauptstadt Helsinki. Aus dem fahrenden Zug konnte man ein Blick hinter den eisernen Vorhang werfen, zumindest glaubten wir das.
Bahnhof Imatra
Saimaa-Seengebiet
Zu diesem Zeitpunkt ahnte ich noch nicht, dass ich ein paar Jahre später für zwei Monate in Helsinki leben würde (und dann einen Wochenendausflug nach St. Petersburg machen würde, in die Stadt, die jetzt im Jahr 1986 noch Leningrad heißt und für einen Interrailer nicht erreichbar ist).
Helsinki ist – wie fast alle nordischen Städte – recht überschaubar. An einem Tag kann man viele der Sehenswürdigkeiten abklappern.
Senatsplatz Helsinki mit dem Denkmal für Alexander II. und dem Dom von Helsinki
Parlamentsgebäude Helsinki
Blick vom Turm des Olympiastadions Helsinki
Der Weg führte uns vom Süden Finnlands in dessen Norden, zu Fuß ging es über die Grenze, vom finnischen Tornio ins schwedische Harapanda. Wenn auch schon recht weit im Norden, so doch immer noch südlich des Polarkreises.
Brücke über den Tornionjoki zur Suensaari Tornio
Haparanda
Von Harapanda geht es mit dem Bus nach Boden, warum der Zug damals auf dieser Strecke nicht fuhr, weiß ich heute nicht mehr.
Bahnhof Boden
Weiter in den Norden geht es mit der Ofot-Bahn, an dessen Ende Narvik liegt. Auf dem Weg drothin überqueren wir zum zweiten Mal den Polarkreis in nördlicher Richtung.
Ofotbanen (Malmbanan): Polarkreis
Vorbei geht es an Kiruna, das zwischen den beiden Erzbergen Kiirunavaara und Luossavaara liegt. In diesen Erzbergen wird hochwertiges Magnetit-Eisenerz mit 60 bis 70 % Eisengehalt gewonnen.
Erzmine Kiruna
Ofotbanen (Malmbanan) Lappland
Ofotbanen (Malmbanan): Vassijaure Lappland
Ofotbanen (Malmbanan): Rombaksfjord
In dieser Gegend kann es dann schon auch mal passieren, dass der Zug laut pfeifend auf offener Stecke anhält – zumindest dann, wenn eine Herde Elche nicht die Gleise verlassen will. Nur dass Mitte der 1980er noch niemand von einem Elchtest sprach.
Narvik ist hauptsächlich für seinen großen Eisenerzverladehafen bekannt. Kommt man dort erst am frühen Abend an (und will von der Stadt noch etwas sehen), gibt es keine Möglichkeit mehr für einen Nachtzug. Man braucht eine andere Übernachtungsmöglichkeit. Eine Bank im Wartesaal des Bahnhofes. Nur der Bahnhof schließt in der Nacht für ein paar Stunden. Und draußen ist es – auch im August – frostig kalt, besonders dann, wenn man ohne Schlafsack und Isomatte unterwegs ist. Ein abgestellter, nicht verschlossener Bauwaggon bietet die Rettung, zumindest bis früh morgens der Bahnhof wieder öffnet.
Erzverladeanlage Narvik
Erzverladeanlage / Erzhafen Narvik, Ofotfjord (Ofotfjorden)
Narvik ist der nördliche Wendepunkt der Reise (eine Weiterfahrt zum Nordkap ist ohne eigenes Fahrzeug kaum möglich), jetzt geht es nur noch südwärts – genaugenommen sind es 1544 Kilometer in rund 21 Stunden. Die schwedische Hauptstadt Stockholm erleben wir bei schönstem Wetter.
Altstadt Gamla Stan mit dem Stockholmer Schloss
Blick vom Stadshuset (Rathaus) Stockholm auf die Altstadt Gamla stan
Wasavarvet (Vasa-Werft) Stockholm: Wasa (Vasa)
Letzter Halt in Schweden ist Göteborg (bei Regen).
Dom zu Göteborg
Von Göteborg geht es weiter mit Fähren und Zügen bis nach Hamburg.
Öresund bei Helsingborg
In Hamburg ist gerade Dom, das große Vergnügungsfest auf dem Heiligengeistfeld. Ein – für mich – einzigartiges Erlebnis: Ich fahre zum ersten und zum letzten (!) Mal in meinem Leben Achterbahn! Ein unbeschreiblicher Horror. Die schlottrigen Knie sind mir bis heute in Erinnerung.
Von Hamburg sollte es wieder per Trampen nach Holland gehen. Nach der Nacht auf dem Hauptbahnhof suchen wir uns eine breite Straße und stellen uns mit dem Daumen nach oben an den Straßenrand. Mit dem ersten Auto, das uns irgendwann mitnimmt, kommen wir nicht weit. Bis Hittfeld, nur ein paar Kilometer südlich von Hamburg. An eine Autobahnauffahrt, die niemand zu nutzen scheint. Als nach Stunden (!) ein Auto hält und uns mitnimmt, vergesse ich meine Brille, ich hatte sie – müde vom ewigen Warten für ein Schläfchen auf dem Seitenstreifen abgenommen – liegen lassen. Zum Glück fiel mir mein unscharfes Leben schnell auf…
Ich hatte nicht nur das Glück, meine Brille unbeschädigt wieder zu bekommen, das weitere Glück war auch, dass sich das stundenlange Warten gelohnt hatte. Unser Fahrer wollte bis nach Jülich. Am späten Abend kommen wir dort an. Und nehmen für das letzte Stück bis Aacheneinen Bus. In Aachen empfängt uns ein warmer, nachts nicht schließender Wartesaal. Früh morgens soll es mit dem Zug nach Brüssel gehen, ein Plan, der im ersten Anlauf scheitert, da wir Brüssel verschlafen und nachdem wir es merken und zu weit gefahren sind, erst wieder umdrehen müssen.
DB Auslandskursbuch 1986 Sommer: Übersicht Belgien
Grand Place mit dem Rathaus Brüssel
Maler auf dem Grand Place Brüssel
Manneken Pis Brüssel
Kathedrale St. Michel Brüssel
Atomium Brüssel
Die Reise geht langsam ihrem Ende entgegen, zuvor geht es aber noch nach Amsterdam.
DB Auslandskursbuch 1986 Sommer: Übersicht Niederlande
In Amsterdam steht ein besonderer Punkt auf dem Programm, der Besuch der Heineken-Brauerei. Die Besichtigung der Brauanlagen musste an diesem Tag ausfallen. Nicht weiter schlimm, da die Probeverkostung damit früher beginnt. Nach gut zwei alkoholfreien Wochen – das Bier in Skandinavien war für das damalige Budget nahezu unbezahlbar – eine schöne Abwechslung. Die Besichtigung der Stadt verläuft besonders entspannt (auf die Idee einen Coffeeshop zu besuchen kamen wir damals nicht, als Leute vom Land hatten wir vor so was viel zu viel Respekt).
Heineken-Brauerei Amsterdam
Paleis op de Dam (Königlicher Palast) Amsterdam
Für Paris bleiben auf dem Weg zurück in den Süden Deutschlands dieses Mal nur ein paar Stunden.
Place de la Concorde Paris
Basilique du Sacré-Coeur Paris
DB Auslandskursbuch 1986 Sommer: Übersicht Frankreich
Über die Schweiz geht es zurück nach Donaueschingen.
Zwei kürzere Reisen folgen noch mit dem aktuellen Interrailticket. Zuerst eine Eintagesrundfahrt durch die Schweiz mit dem Jungfraujoch als einen absoluten Höhepunkt im wörtlichen Sinne.
DB Auslandskursbuch 1986 Sommer: Übersicht Schweiz
Eiger (mit Nordwand), Eigergletscher, Mönch
Blick aus der Tunnelstation Eismeer unter dem Mönch
Blick vom Jungfraujoch: Großer Aletschgletscher
Eispalast auf dem Jungfraujoch
Der Abschluss bildet eine Wochenendreise nach Wien. Freitag auf Samstag geht es hin, Sonntagabend zurück, die Nacht dazwischen auf einer Bank des Wiener Westbahnhofs.
DB Auslandskursbuch 1986 Sommer: Übersicht Österreich
Blick vom Südturm des Stephansdoms auf die Innere Stadt von Wien
UNO-City Wien mit Vienna International Centre
Die zweite Interrail-Reise ist vorbei. Bis zur dritten (und letzten) werden zwei Jahre vergehen.
Mehr – meistens aktuellere – Bilder zu den besuchten Ländern gibt es unter den folgenden Links: