Auf die Azoren als Reiseziel kommt man vielleicht nicht spontan. Aber damals – die Reise fand 1990 statt – hatte ich gerade die ersten Semester Portugiesisch an der Volkshochschule hinter mir. Dazu noch mein erstes – und bisher letztes, ich fahre es immer noch – Mountainbike. Aber wie kommt man nun auf die Azoren? Die ganze Strecke mit dem Flugzeug war für mich als Studenten zu teuer. So haben mein Mitreisender und ich uns einen damals 17 Jahre alten Opel Kadett ausgliehen (eigentlich für – ich glaube 200 DM – gekauft, wir waren nicht sicher, ob das Auto die Reise durchsteht), die Rücksitzbank ausgebaut und unsere Fahrräder mit dem Gepäck darin verstaut. Quer durch Frankreich und Spanien in gut 2 Tagen nach Lissabon, die erste Nacht für ein paar Stunden das Zelt am Straßenrand in Nordspanien aufgebaut, die zweite Nacht in einem Sumpfgebiet (das sahen wir aber erst am Tag darauf bei Tageslicht) bei Almada.
Wo aber das Auto für die nächsten 3 Wochen, d.h. für die Zeit auf den Azoren, in Lissabon stehen lassen? Wir entschieden uns für einen Platz vor einer Polizeistation in der Nähe des Lissaboner Flughafens.
5 der insgesamt 9 Inseln der Azoren standen auf der Reiseroute. Neben São Miguel in der Ostgruppe die Inseln Faial, Pico, São Jorge und Terceira in der Mittelgruppe. Über das Übernachten auf Terceira möchte ich hier berichten.
Prinzipiell war – zumindest damals – freies Campen auf den Azoren erlaubt und auch nie ein Problem. Unweit vom Atlantik gab es sowohl im Norden Terceiras, in Biscoitos,
als auch im Osten, in der Nähe von Salga, schöne Plätze.
Der Platz in Salga war – soweit ich mich erinnere – sogar mehr oder weniger offiziell fürs Zelten vorgesehen, d.h. es gab sogar sanitäre Einrichtungen.
Für eine Übernachtung im Süden der Insel bot sich der Monte Brasil geradezu an, wunderschön auf einer kleinen Halbinsel vor Angra do Heroísmo, dem Hauptort Terceiras, gelegen. Ein Schild, dass der Monte Brasil in der Nacht als militärisches Schutzgebiet gesperrt sei, hielten wir wohl für überholt (dass der Zufahrtsweg von Angra zum Monte Brasil quer durch eine nicht gerade belebt erscheinende Kaserne ging, schien uns in dieser Meinung noch zu bestärken). Es sollte aber anders kommen. Kurz nach Einbruch der Dunkelheit hörten wir zum ersten Mal Motorengeräusche. Nichts passiert. Vielleicht eine halbe Stunde später wieder Motorengeräusche. Und beim Blick aus dem Zelt sehen wir dieses Mal auch einen Suchscheinwerfer. Eine kurze Phase, in der wir uns den weiteren Verlauf der Nacht in einem portugiesischen Militärverlies ausmalen, hält Einzug. Kurz darauf steht eine ganze Truppe von Soldaten vor unserem Zelt. Dann aber die Überraschung. Der Chef der Truppe beginnt sich bei uns vielmals zu entschuldigen. Es täte ihm doch sehr Leid, dass wir in „seinem“ militärischen Schutzgebiet nicht bleiben könnten. Nein, leider, leider, gibt es da auch keine Ausnahmen. Unter der Mithilfe der Soldaten bauen wir das Zelt ab und wir dürfen im Schein ihrer Autoscheinwerfer – unsere Mountainbikes hatten kein Licht und es war stockdunkel – vom Monte Brasil wieder runter. Und noch eine Überraschung. Kein Verlies. Wir dürfen auf der Wiese, die direkt vor der Außenmauer der Kaserne liegt, unser Zelt im Schein des Suchscheinwerfers wiederaufbauen. Noch ein paar Entschuldigungen für die Umstände. Und wir sind wieder allein.
Die Mauer, die man rechts auf dem Bild sieht, gehört zur erwähnten Kaserne, dem Fortaleza de São João Baptista da Ilha Terceira.